St. Nicolaiheim Sundsacker e.V. - Trauerkonzeption
24 25 2.5 _ Muslimische Sterbe- und Totenrituale Jede Religion hat ihre eigenen Sterbe- und Bestattungsriten. In der islamischen Kultur ist die Sterbebegleitung nicht professiona- lisiert und wird oft von den Angehörigen übernommen. Wenn aber die oder der sterbende Mus- lim:in niemanden hat oder die Familie sich überfordert fühlt, so kann ein Imam – wenn möglich nach Rücksprache mit dem im Sterben liegenden Menschen oder der Familie – eingeladen werden. Nach isla- mischem Verständnis wird die/der Ver- storbene unmittelbar nach dem Eintritt des Todes einer rituellen Ganzkörperwa- schung unterzogen und in Leinentücher gewickelt. Dies soll so schnell möglich geschehen, damit die/der Tote zur Ruhe kommt. Verstorbene islamischen Glaubens dürfen nur von Angehörigen oder islamischen Geistlichen gewaschen werden. Die Wa- schung des muslimischen Verstorbenen ist eine zentrale Pflicht der Hinterbliebenen. In Deutschland ist die Bestattung in einem Sarg vorgeschrieben. 2.6 _ Obduktion Eine Obduktion zu veranlassen, kann dann sinnvoll sein, wenn die Ärztin/der Arzt zwar von der natürlichen Todesursache überzeugt ist, aber dennoch ein begründe- tes Interesse (seitens der Ärztin/des Arztes, der Angehörigen oder der Mitarbeitenden) an der Klärung der unmittelbaren Todes- ursache besteht. Alle Patient:innen, die im Krankenhaus sterben, können prinzipiell obduziert werden. Nach dem Gesetz über das Leichen-, Be- stattungs- und Friedhofswesen des Landes Schleswig-Holstein wird eine Leichenöff- nung nur mit schriftlichem Einverständnis des Patienten oder seiner nächsten Ange- hörigen, sofern er selbst dem zu Lebzeiten nicht widersprochen hat, durchgeführt. Sollte der verstorbene Mensch sich also in irgendeiner Weise (mündlich oder tes- tamentarisch) gegen eine Obduktion ausgesprochen haben, ist dies zwar eine Soll-Verfügung, die keine Rechtsverbind- lichkeit, sehr wohl aber ethischen Ver- pflichtungscharakter besitzt. Da die ge- setzlich geregelte Vertretung mit dem Tod der leistungsberechtigten Person endet, ist vom Gesetz her eine Einwilligung durch die gesetzliche Vertretung nicht vorgesehen. Man unterscheidet zwei Arten von Obduktionen: die gerichtsmedizinische Sektion und die klinische (pathologi- sche) Sektion. • Gerichtsmedizinische Obduktionen werden staatsanwaltschaftlich bzw. ge- richtlich angeordnet, wenn ein Verbre- chen oder eine andere unnatürliche Todesursache (zum Beispiel ein Unfall) vermutet wird oder feststeht und wei- terer Klärung bedarf. Sie wird von einer/ einem Rechtsmediziner:in vorgenom- men. Wenn die/der für die sogenannte Lei- chenschau zuständige Ärztin/Arzt auf dem Totenschein »Todesart ungeklärt« angekreuzt hat, erfolgt ebenfalls in der Regel eine gerichtlich angeordnete Sektion. • Klinische Obduktionen werden fast ausschließlich von einer Pathologin oder einem Pathologen durchgeführt. Hier- bei werden die Todesursache und die vorher bestehenden Erkrankungen einer / eines verstorbenen Patient:in durch eine innere ärztliche Leichen- schau festgestellt. Anders als bei der gerichtsmedizinischen Untersuchung wird der Antrag auf eine klinische Sektion meist durch die zu- letzt behandelnde:n Ärztinn:en gestellt. Voraussetzung ist, dass der Mensch eines natürlichen Todes (zum Beispiel an Herzinfarkt, Krebs, Lungenentzün- dung) gestorben ist und die nächsten Angehörigen mit der Obduktion einver- standen sind. Formal haben die Angehörigen keinen An- spruch auf die Mitteilung des Ergebnisses der Obduktion. In der Praxis jedoch wird diese ärztliche Schweigepflicht, die sich auch über den Tod hinaus erstreckt, oft nicht so eng gefasst. Bei einer gerichtlich angeordneten Obduktion erfährt nur die Staatsanwaltschaft die Ergebnisse. »Und wo die alten Pfade sich verlieren, steigt Neuland auf mit allen seinen Wundern.« (Rabindranath Tagore) 25
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