St. Nicolaiheim Sundsacker e.V. - Trauerkonzeption

8 9 1.2 _ Miteinander über den Tod reden Ist aufgrund der medizinischen Diagnose der baldige Tod eines Menschen zu erwar- ten, müssen wir uns gemeinsam mit den Angehörigen und den Mitarbeitenden auch mit der Frage auseinandersetzen, ob er über seinen Zustand informiert werden soll oder nicht. Sollte er auf seine Situation angesprochen und ihm die Diagnose behutsam mitgeteilt werden, damit er sich auf seinen Tod vor- bereiten kann? oder Sollte einem sterbenden Menschen die Di- agnose erst dann mitgeteilt werden, wenn er direkt oder indirekt danach fragt? Folgende Aspekte können helfen, eine verantwortbare Entscheidung zu treffen: • Klar sollte sein, dass wir einem sterben- den Menschen ehrlich und aufrichtig begegnen müssen. Fragt er nach sei- nem Zustand, sollte er darüber nicht im Unklaren gelassen werden. Beschönigungen, wortreiche Beschwich- tigungen oder Vertröstungen wie »Das wird schon wieder!« verhindern nicht nur einen offenen und entspannten Um- gang miteinander, sondern lassen den sterbenden Menschen in seiner Situa- tion auch alleine. • Die meisten Menschen an der Grenze zum Tod spüren das bevorstehende Ende ihres Lebens. Nach und nach setzen sie sich mit der Tatsache auseinander, dass sie nicht mehr lange leben werden. • Es scheint, dass sterbenden Menschen das Annehmen ihres Todes dann leich- ter fällt, wenn sie selbst zu der Einsicht kommen, dass ihr Leben bald enden wird, als wenn ihnen diese Tatsache von einem anderen Menschen eröffnet wird. Wenn der Zeitpunkt für den sterbenden Menschen gekommen ist, wird er ande- ren diese Tatsache vielleicht offen oder indirekt mitteilen. Nicht selten werden wir erstaunt sein, dass er uns vielleicht schon einige Schritte voraus ist. Wir tun Sterbenden einen großen Dienst, wenn wir die Signale wachsam aufnehmen und so mit ihnen ins Gespräch kommen. Möglich ist aber auch, dass der sterbende Mensch mit keinem Wort bzw. keiner Ge- ste seinen erwarteten Tod erwähnt. Denn es gibt auch das stille, offene und ehrliche Einvernehmen zwischen Sterbenden und den nahestehenden Personen – ein Einver- nehmen, bei dem alle wissen, dass die Zeit gekommen ist, ohne dass darüber geredet werden müsste. In die Sterbebegleitung können einge- bunden werden: • Angehörige • gesetzliche Vertretung • Ambulanter Hospizdienst • Mitarbeitende anderer Fachdisziplinen (wie beispielsweise Psycholog:innen und Pastor:innen) • dem sterbenden Menschen vertraute Mitarbeitende außerhalb des Hauses • Mitbewohner:innen • ggf. eine zeitlich begrenzte, zusätzliche Stelle zur Unterstützung Dies und anderes muss in Gesprächen ge- klärt werden. Kann unser Team eine solche Beglei- tung leisten mit Blick auf den ster- benden Menschen selbst? Mit einer Begleitung wollen Sie als helfen- de Person nicht sich etwas Gutes tun, sondern vor allem dem Menschen, der sterben wird, Beistand leisten. Vielleicht können Sie zum betreffenden Zeitpunkt nur Vermutungen darüber anstellen, wo und wie der Sterbende seine letzte Lebens- phase leben möchte. Sie sollten aber be- denken: Nicht in jedem Fall ist das, was die Helfenden einem sterbenden Menschen ermöglichen möchten, auch das, was er selbst will. Sollte aus medizinischen Gründen ein Aufenthalt im Krankenhaus unvermeid- bar werden – welche Möglichkeiten einer Begleitung ergeben sich dort, um der viel- fach vorhandenen Angst vor dem fremden Umfeld begegnen zu können? Können zum Beispiel regelmäßige Besuchszeiten oder die Anwesenheit während der Mahl- zeiten organisiert werden? Kann unser Team eine solche Beglei- tung leisten mit Blick auf die Mitbe- wohner:innen? Wie werden die Mitbewohner:innen da- rauf reagieren, wenn sie erleben, dass der sterbende Mensch – zumindest zeitweise – mehr Zuwendung und Aufmerksamkeit erfährt als sie selbst? Wie können sie in die besondere Situation einer Sterbebeglei- tung einbezogen, vielleicht sogar daran beteiligt werden? Sie sind es sich selbst, dem sterbenden Menschen und den Mitbewohner:innen schuldig, auf die eigenen Möglichkeiten und Grenzen zu achten und in diesem Punkt ehrliche und klare Antworten zu finden. Auf keinen Fall sollten einem sterbenden Menschen unbedachte Ver- sprechungen gemacht werden, die später nicht eingehalten werden können. Trauerkonzept des St. Nicolaiheim e.V., Patientenverfügung und weitere Anlagen

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